Naturschutzgebiet Sondertal und Talgraben

Erstausweisung: 1986
Stadt: Bad Wildungen (Bad Wildungen, Odershausen)
MTB 4920
Schutzgrund: Bot, Zool
Größe: 64,19 ha
FFH-Gebiet Nr. 4920-302


Lage und Besonderheiten
Sondertal und Talgraben verkörpern das erste Naturschutzgebiet in Hessen, das auf Antrag einer Kommune, der Stadt Bad Wildungen, ausgewiesen wurde. Es umfasst das Tal der Sonder von der Helenenquelle bis oberhalb der Wasserfälle bei Odershausen und den Talgraben von der Einmündung in die Sonder über die K 40 hinweg bis hin zur B 253.

 

Sondertal und Talgraben sind junge Kerbtäler, die sich während des Pleistozäns tief in den weichen Tonschiefer eingeschnitten haben.

 

Besucherhinweis
Wanderwege erschließen beide Bachtäler, einmal von der Helenenquelle her, zum anderen von der Stahlquelle aus auf dem Kellerwaldsteig durch den Talgraben und den oberen Bereich des Sondertals nach Odershausen. Im oberen Sondertal sind die Wasserfälle eine Attraktion. Parkplätze sind an Helenen- und Stahlquelle vorhanden.

 

 

Kurzübersicht Pflanzenwelt

 Schluchtwald des oberen Sondertales

Im Ulmen-Ahorn-Schatthangwald ehemals Berg-Ulme vorherrschend (inzwischen durch Ulmensterben nur noch junge Exemplare), Charakterarten der Baumschicht sind Berg- und Spitz-Ahorn und Sommer-Linde,

 

- kühl-feuchtes Lokalklima des Schluchtwaldes mit seinen kleinen Wasserfällen

  beeinflusst die lokale Flora: z. B. Vorkommen des seltenen Gelappten

  Schildfarns (Polystichum aculeatum), 2004 etwa 200 Exemplare,

 

- weitere charakteristische Vertreter der artenreichen Krautschicht: Gelbes

  Windröschen (Anemone ranunculoides), Gewöhnliche Goldnessel (Lamium

  galeobdolon) und Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis).

 

Die Wälder des NSG werden nicht forstlich genutzt, sondern der natürlichen Entwicklung (dem Prozessschutz) überlassen. Außer dem Schlucht- und Hangmischwald stocken auf den nährstoffarmen Oberhängen der Täler Bodensaurer Hainsimsen-Buchen-Wald und auf den tiefgründigeren, nährstoffreicheren Böden der Unterhänge in Senken Waldmeister- bzw. Waldgersten-Buchen-Wald mit 100 bis 200 Jahre alten Bäumen und hohem Totholzanteil.


Wichtigste Arten der Krautschicht des basenreichen Buchen-Waldes sind: Wald-Bingelkraut, Gelbes Windröschen, Gewöhnliche Goldnessel (Lamium galeobdolon), Waldgerste (Hordelymus europaeus), Waldmeister (Galium odoratum), Gewöhnlicher Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), Breitblättriger Dornfarn (D. dilatata) und Einblütiges Perlgras (Melica uniflora), verbreitet ist auch Zwiebel-Zahnwurz (Cardamine bulbifera).

 

Unterhalb der Einmündung des Talgrabens

Bachauenwälder vom Typ Hainmieren-Schwarzerlen-Wald.


- floristische Besonderheit: die auf den Wurzeln der Schwarz-Erle schmarotzende

  Gewöhnliche Schuppenwurz (Lathraea squamaria).,


- in der Krautschicht schöner Blühaspekt im Frühjahr mit einem Massen-

  vorkommen des Wald-Gelbsterns (Gogea lutea),


- Auffallende Arten während der Hauptvegetationsperode: Hain-Sternmiere

  (Stellaria nemorum), Bach-Nelkenwurz (Geum rivale) und Sumpf-Pippau

  (Crepis paludosa),


- an quelligen Stellen: Bitteres Schaumkraut (Cardamme armara) und

  Kleiner Baldrian (Valeriana dioica).

 

Unterer Sonder-Abschnitt

Hochstauden-Fluren mti dominierendem Gewöhnlichem Pestwurz (Petosites hybridus) und häufiger Bach-Nelkenwurz (Geum rivale)

 

Wertvoller Kleinbiotop des Gebietes ist ein alter Fischteich westlich der K 40 mit Schwimmendem Laichkraut (Potomogeton notans) und einem breiten Verlandungsgürtel mit Sumpf-Schachtelhalm (Equisetum palustre).

 

 

Kurzübersicht Tierwelt

Bachfauna: Bachforelle und Groppe (europaweit geschützte Art, Elektrobefischung ergab 2004 schätzungsweise 200 Exemplare auf 2,5 km Bachlänge),


Schnecken: im Kellerwald verbreitete Quellschnecke (Bythinella dunkeri) vermutlich ein Eiszeitrelikt, an schnell strömende Gewässern angepasst ist Mützenschnecke (Ancylus fluviatilis),

 

Insekten: zahlreiche sauerstoffbedürftige und verschmutzungsempfindliche Arten der Stein- und Eintagsfliegen (Vorkommen der bundesweit gefährdeten Köcherfliege Hydropsyche fulvipes, deren Larven im rasch fließenden Wasser ihre Nahrung mit Netzen auffangen), charakteristisch auch die beiden Bachflohkrebse Gammarus fossarum und G. pulex.

 

Vogelfauna: in 2004 35 Arten erfasst:


- Schwarzspecht (1 Rev.), Buntspecht (mind. 5 Rev.), Mittelspecht (3 Rev.),

  Grünspecht (2 Rev.), in früheren Jahren auch Nachweis des Kleinspechts,


- Gebirgsstelze (5 Rev.) und Wasseramsel als typische Vögel der Bergbäche,

 

Amphibien: Berg-, Teich- und Fadenmolch sowie Grasfrosch und Erdkröte im ehemaligen Fischteich, Feuersalamander besiedelt die Kerbtäler, Population bei weitem nicht mehr so groß wie früher (1984 über 5.000 Tiere).

 

Schmetterlinge: 292 Arten nachgewiesen, darunter 38 Tagfalter


- in kühl-feuchten Bereichen der Täler: Großer Schillerfalter, Dukaten-Feuerfalter,

  Ulmen-Zipfelfalter und Weißbindiger Mohrenfalter,


- europaweit geschützter Blauschwarzer Ameisenbläuling bevorzugt junge

  Brachestadien der Feuchtwiesen im unteren Sondertal, Raupenpflanze ist

  der Große Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis),


- bei Nachtfaltern überwiegen Arten der lichten, trocken-warmen Laubwälder,

  z. B. Eichen-Grünspanner (Comibaena bajularia), Heidelbeer-Erdeule

  (Eurois occulta) oder Hummelschwärmer (Hemaris fuciformis).


Käfer: 90 Käferarten bisher festgestellt, Hirschkäfer (Lucanus cervus) besonders erwähnenswert,

 

Libellen: insgesamt 13 Libellenarten nachgewiesen (hauptsächlich am ehemaligen Fischteich vorkommend)

 

Text: NABU Waldeck-Frankenberg



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Naturschutzgebiete in Hessen

schützen - erleben - pflegen

Band 4, Landkreis Waldeck-Frankenberg mit Nationalpark Kellerwald-Edersee

von Wolfgang Lübcke & Achim Frede

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